Walk & Talk: Schandflecken Düsseldorfs
„Stelle gerade mal wieder fest: wenn man Sonntagabend in Düsseldorf mit dem Zug ankommt und das Bahnhofsgebäude verlässt, möchte man am liebsten gleich wieder umdrehen, zurück in einen Zug steigen und wegfahren“, schrieb mir ein Liberaler kürzlich per Messenger über den Düsseldorfer Hauptbahnhof.
Zusammen mit dem Worringer Platz, dem Mintropplatz und dem Bertha-von-Suttner-Platz ist der Bahnhofsvorplatz einer der Schandflecken der Stadt. Bei einem Walk&Talk haben sich Mitglieder der FDP Düsseldorf die Zustände einmal genauer angesehen. Geführt wurde die Gruppe von Matthias Lambert (der Lars Pennekamp vertrat), ergänzende Hinweise lieferte Dagmar Saschek, die im Wirtschaftsausschuss des Rats die FDP vertritt.
Der Mintropplatz ist benannt nach dem Maler Theodor Mintrop, der einst als „neuer Giotto“ und „Wunderkind der Romantik“ bezeichnet wurde. Seine Weihen empfing er an der Düsseldorfer Kunstakademie. Doch von Romantik oder Kunst ist wenig zu spüren auf dem Platz – es sei denn, man versteht die kaputte Telefonanlage auf dem Platz als Kunstinstallation, die repräsentativ für den Zustand so mancher Infrastruktur in Deutschland stehen könnte.
Kaum anders sieht es am Platz hinter dem Bahnhof, dem Bertha-von-Suttner-Platz, aus. Ursprünglich hatte der Künstler Horst Antes hier einen Eislaufplatz vorgeschlagen. Die Gelegenheit hatte sich ergeben, als in den 1980er Jahren das letzte Stahlwerk aus Oberbilk verschwand. Die Straßennamen der Umgebung (Eisenstraße, Stahlstraße) und zwei Reliefs aus dem Stahlwerk am Bahnhofsausgang erinnern noch an die frühere Nutzung. Die Stadt war damals – so berichtet es Helga Meister in einem Buch über Kunst in Düsseldorf – geneigt, dem Eislaufplatz-Vorschlag zuzustimmen. Doch der Brandschutz – wie hätte es anders sein können – machte dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung. Der Ersatz waren der Brunnen und ein Platz ohne Stufen, damit wenigstens die Skater und Skateboarder ihn nutzen konnten.
Gott sei Dank sind die Stahlfiguren von Horst Antes auf dem Platz rostfrei. Sie glänzen, ganz im Gegensatz zur Pergola. Diese hat sich im Laufe der Jahre zu einer Taubenkotablagestätte entwickelt. Die Stadt? Nicht zuständig. Die Antwort auf eine Anfrage der FDP in der Bezirksvertretung 3 beschränkte sich im Wesentlichen auf den Hinweis, dass die privaten Eigentümer nur schwer zu greifen seien.
Auch im Bahnhof sieht die Situation nicht viel anders aus. Wer es wagt, in der Eingangshalle seinen Blick zu heben, sieht die Installation „Mondprojekt“ von Adolf Luther. 1985 installiert dürfte das Werk einen mindestens sechsstelligen Wert haben. Wer es funktionierend sehen will, kann sich in der Kuppel der Tonhalle anschauen wie faszinierend die Arbeiten des Künstlers sind. Doch in der Bahnhofsvorhalle dreht sich nichts mehr, eine 2018 angedachte Sanierung scheiterte.
Auch auf dem auf dem Bahnhofsvorplatz dreht sich nichts. Es scheint niemandem, und insbesondere nicht der Mehrheit in der Bezirksvertretung 1, ein Anliegen zu sein, nach 20 Jahren Diskussion eine Verbesserung herbeizuführen. Planungen liegen vor, Ergebnisse sind Fehlanzeige.
Am Worringer Platz hat dann doch jemand gehandelt, nämlich der Inhaber der Pizzeria. Er hat die Dinge mit einem „Junkie-Zaun“ selbst in die Hand genommen. „Belohnt“ wurde er dafür mit einer Klage der Architektin, die jedoch kürzlich vor Gericht unterlag.
Abschließend warf die Gruppe noch einen Blick auf das Grand Central. In der Werbebroschüre zum Projekt heißt es: „Die Wege im Viertel gleichen Boulevards, auf denen sich vorzüglich bummeln und das Leben genießen lässt, zum Beispiel in einem Café – die Leichtigkeit des Seins eben, mitten im Herzen Düsseldorfs!“ Weiterhin jedoch fällt das Grand Central vor allem durch ein großes Bau-Loch auf. Die Drogenszene, die sich dort entfaltet hatte, wurde im November 2023 zwar geräumt. Im Herzen der Stadt öffnet sich mit dem Loch ein neuer trostloser Ort, der – wie so vieles – schlicht hingenommen wird. Es würde nicht wundern, wenn auch dieser Schandfleck über Jahre zum Markenzeichen Düsseldorfs würde, so wie die anderen zentralen Orte.
Gefordert sind städtebauliche Impulse und der Wille zum Handeln. Eine Stadtregierung ohne Zukunftsvisionen und ohne Tatkraft lässt Düsseldorf auch im internationalen Vergleich zurückfallen. Dabei hat der liberale Walk & Talk deutlich gemacht, welches Potenzial und wie viel Geschichte diese Plätze haben. Wer in Düsseldorf aus dem Zug steigt, darf ruhig gleich merken, dass er in einer der führenden Kunststädte Europas und einer traditionsreichen Business-Metropole angekommen ist. Was fehlt ist nur die richtige Politik, die nicht beim kleinsten Anzeichen von Gegenwehr aufgibt und die Hände in den Schoß legt.
Matthias Lambert